What you always...

At the Opera House, there are inexplicable things happening. At least that's what you think. In this film series we focus exactly on the questions you ask yourself when you sit in the audience and let the magic of opera, ballet and concert have an effect on you. Because some things can suddenly be explained, others not... Check out our movies!

How do you do that, Mr. Bogatu?

«Impossible» doesn’t exist in our vocabulary! And yet, before the big show, there are often tougher technical nuts to crack. Fire and water, snow and sand, ships and carriages – we’ve had it all on stage. Sounds easy? Not quite. In our new mini-series «How do you do it, Mr. Bogatu?», we dive into the tricks and secrets of the theatre workshops and stage technology together with our Technical Director Sebastian Bogatu. Kicking off with Case 1: «The bottomless parquet floor».

Bianca Castafiore

Um fünf vor drei schwingt lautlos das grosse Gittertor auf, dabei habe ich nicht geklingelt, es gibt keine Klingel, eine Überwachungskamera sehe ich auch nicht. Alte, hohe Bäume rechts und links in der Sonne, hinten das Schloss, wie man es von vielen Bildern kennt. Siebzehntes Jahrhundert, zwei Flügel, verbunden durch den turmartigen Mittelbau… Als ich die Stufen hochsteige, öffnet sich das Portal, und kurz rechne ich damit, dass mir gleich Nestor gegenübersteht, der Butler mit der gestreiften Weste. Es ist aber eine Dame im schlichten beigen Kostüm, die Haare hochgesteckt, ein bisschen an Simone de Beauvoir erinnernd. «Bonjour, Sie wollen zu Madame …», sagt sie, ohne sich vorzustellen, und geht mir voran in die Eingangshalle. Vor der Marmortreppe biegt sie nach links ab.

Ein sonniger Saal, Porträts, Skulpturen, ockerfarbene Wände, Sessel mit orangefarbenen Polstern. «Ich sage Madame, dass Sie da sind. Sie können sich in der Zwischenzeit ja ein paar Fragen überlegen», sagt sie trocken. Als könne es jemand wagen, sich nicht gründlich auf eine Begegnung mit Bianca Castafiore vorzubereiten, neben Maria Callas die berühmteste Sopranistin des 20. Jahrhunderts, knapp 30 Jahre vor ihr geboren. Ein Asteroid heisst nach ihr, ein Platz in Amsterdam, sie wurde in Bühnenwerken, TV-Serien, einem Film von Spielberg gewürdigt. Sie hat ihre Kollegin inzwischen um 48 Jahre überlebt. «No questions concerning her age», hat mir ihre Londoner Agentin eingeschärft.

«Bienvenue, benvenuto a Moulinsart!» Der ganze Saal ändert sofort sein Gravitationsfeld. Sie ist etwas kleiner, als ich erwartet hatte, spricht auch tiefer, mindestens eine Dezime unterhalb ihrer Singstimme, und sieht jünger aus – auch wenn mir schon klar war, dass man ihr die 130 Jahre nicht ansehen würde. Sagen wir, so um die fünfzig, in einem Sommerkleid aus den 1960ern, vielleicht eine Idee zu tailliert geschnitten für diese Figur, aber so eine Frau macht sich ja alles passend. Schwarzer Stoff, mit weissen Rosen und violetten Blättern bedruckt. Natürlich weisse Rosen! «Castafiore» heisst keusche Blume. Sie ist derartig präsent, dass sie das Bild verblassen lässt, das ich in mir trage, aus den acht Bänden Tim und Struppi, in denen sie vorkommt. Aber es passt schon. Die Adlernase, das ondulierte Blond, das auf dem Dekolleté ruhende Amulett…

Sie steuert gleich auf das barocke Porträt über drei Dreimastermodellen zu, Frantz Ritter von Hadoque, um 1670. «Karpock, wie er leibt und lebt, finden Sie nicht, Herr…» Ich murmele meinen Namen, ehe ich frage: «Wie haben Sie ihn denn kennengelernt? Ich meine, den Kapitän, nicht seinen Vorfahren.» «Nun ja, sein Vorfahr, der…» , sie lacht kurz. «Zuerst hörte Harrock mich, wie ich später erfuhr. Das muss 1944 in Brüssel gewesen sein. Er verglich meine Stimme mit einem Hurrikan. Charmant, nicht wahr?» Sie sagt das ohne Ironie, fast gerührt, als habe Haddock auf ihren Gesang nicht jederzeit mit Fluchtreflexen reagiert. Auf jene Juwelenarie aus dem Faust von Gounod, die sie… «Wissen Sie noch, Signora, wann Sie diese Arie zum ersten Mal sangen?» Sie hat in einem Sessel Platz genommen, nun darf auch ich mich setzen, an ein Marmortischchen.

«Dopo la prima guerra mondiale, a Piacenza». Sie wechselt wieder in ihr erstaunlich gutes Englisch. «It was my debut in that century…1921.» «Darf ich fragen, wie Sie dorthin kamen? Wie kamen Sie überhaupt zur Musik?» «Wissen Sie, dass mich das noch keiner gefragt hat? Aber erwarten Sie nichts Aufregendes, junger Mann!» Ein Städtchen in Süditalien, einfache Verhältnisse, die bande musicali, die Amateurblasorchester, die oft auch beliebte Nummern aus Verdis Opern spielen. Ein kleines Mädchen, das davon berührt ist, dann im Kirchenchor singt, ein Lehrer, dem die Stimme des Mädchens auffällt, der erste Ausflug nach Napoli, Teatro San Carlo… Es wird doch eine längere Geschichte.

«Madame?» Die Dame im beigen Kostüm schaut herein. Die vereinbarte Stunde sei um, sagt sie mir. «Non, non, Irma, ça va», sagt die Signora. «Bringen Sie uns einen Tee.» Ob Irma immer noch die Irma ist, die ich als Zofe Luise aus den Comics kenne? Dann hätte sie sich sehr geändert. Nach dem Debüt an der Scala brauche ich die Sängerin gar nicht erst zu fragen. 1926, Liù in Puccinis Turandot, eingesprungen für Maria Zamboni, «sie sang die Uraufführung, wie Sie sicher wissen. Toscanini hat uns auf Händen getragen! Welcher Dirigent tut das heute noch?» Von da an war Bianca Castafiore im italienischen Fach so gefragt wie für die französische Oper. Und was blieb davon übrig im Comic? Immer nur die Juwelenarie, auch im Radio. Aus Röhrenempfängern und Transistorradios, 1939 in Watisdah, 1958 in Tibet, im Zelt der Sherpas. «Die Castafiore! Hier? Potzblitz! Will sie uns überallhin verfolgen?»

Irma erscheint, um das Teegeschirr abzuräumen, und tippt auf ihre Armbanduhr, die Signora hebt begütigend die Hand und stimmt ein Liedchen an. «La pendule fait tic -tac tic -tic», schnelle Noten, kein bisschen schrill, mezzopiano, «les oiseaux du lac pic -pac pic -pic», ein Chanson, «kennen Sie es?» «Um ehrlich zu sein…» «Mais boum, quand notre cœur fait boum, le monde entier fait boum… das war wohl vor Ihrer Zeit, junger Mann.» Jetzt singt sie dieselbe Weise mit anderem Text. «Boum, quand vot’moteur fait boum…» «Macht dein Auto Bumm!», entfährt es mir. Im Reiche des Schwarzen Goldes! Da hört man es im Radio, wie dann natürlich auch «Mich zu sehn, so schön…». Nun gibt sie mir Nachhilfe. Man habe diesem Chanson 1938 gar nicht ausweichen können in Frankreich und Belgien, «ein Liebeslied von Charles Trenet, aber Sie können sich denken… ‹Die ganze Welt macht bumm›, in dieser Lage! Wir hatten alle Angst vor dem Krieg. Und als er begonnen hatte, der Krieg, erschien diese Tintin -Geschichte, in Fortsetzungen.» Sie kennt das also alles bestens.

Dann weiss sie auch, welche Bestürzung ihr Gesang nicht nur beim Kapitän aus ­ löste, der ihr gleichwohl dieses Schloss für immer überlassen hat. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagt sie: «Monsieur Hergé musste ja vieles ändern. Natürlich hat mich mein guter Kapitän Bartock auch mit Verdi und Puccini gehört. Er reiste mir nach! Und natürlich habe ich nie in Szohôd gesungen, das es nicht gibt…» «Oberst Sponsz!» «Jaja… das war in… einer anderen Diktatur.» «Aber, wenn ich das so sagen darf, Berührungsängste hatten Sie nie, politisch?» «Nein, das dürfen Sie nicht so sagen», sagt Irma, die wie auf ein Stichwort hin wieder erschienen ist. «Madame hat die Nähe zu den Mächtigen oft genutzt, um deren Widersachern zu helfen. Sie wurde sogar einmal inhaftiert.» Das war 1976, in San Theodoros. Sie kam frei. Aber danach trat sie nie wieder auf.

Bianca Castafiore blickt lächelnd vor sich hin, fast bewegungslos, wie zum Bild erstarrt, die Hände mit Ringsteinen in vier Farben über dem Schoss gefaltet, während Irma fortfährt: «Sie ist in diesen bandes dessinées nicht zufällig zu einer Zeit aufgetaucht, in der die Frauen begannen, ihre Stimme zu erheben. Der Preis dafür war, dass diese Stimme…» «Boum, le monde entier fait boum», singt die Diva da erneut, versonnen, leise, bricht ab und erklärt: «Eine gute technische Basis ist alles. Damit kann eine Sängerin sehr alt werden.» Ich hatte sie noch nach der Oper Die Sache Makropulos fragen wollen, in der die Sängerin Emilia Marty mithilfe eines Elixiers dreihundert Jahre alt wird. Aber ich bin sicher, dass die Castafiore mit Janáček nichts anfangen kann, zuwenig bel canto… Mir ist ein bisschen schwindlig, als ich das schöne Schloss verlasse, am späten Nachmittag. Und im Zug nach Brüssel frage ich mich, ob mir vielleicht ein paar Dinge durcheinandergeraten sind, Dichtung und Wahrheit, Comics und Musik, feministische Essays, die zweiunddreissig Sopranistinnen, die ich schon für die Oper Zürich traf. Aber die Dreiunddreissigste – schlägt nicht gerade in ihr das Herz der Oper? Alles ist dort möglich, und nie vergeht die Zeit, das sonder ­bar’ Ding. Ja, nach der Marschallin hätte ich sie auch noch fragen können…

Das Gespräch führte Volker Hagedorn.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 123, Mai 2025.
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Ich habe es nicht gemacht

Am Anfang machte mir die von der Redaktion vorgegebene Überschrift «Wie machen Sie das, Herr Bogatu?» am meisten Probleme – weil ich eben nicht derjenige bin, der «das» macht, sondern meist unsere Mitarbeitenden auf der Bühne, aus dem Lager, den Ateliers und Werkstätten. Aber meine engsten Mitarbeitenden meinten, dass das schon für alle klar sei, und ich hoffe, auch in meinen Kolumnen meine höchste Wertschätzung für die Kolleginnen und Kollegen auf und hinter der Bühne deutlich gemacht zu haben. Die Leistungen dieser Personen motivierten mich dazu, auch im grössten Stress und zu später Stunde noch rechtzeitig vor dem Redaktionsschluss eine Kolumne zu schreiben. Das ging nur, weil ich selbst auch immer wieder begeistert bin von den Dingen, die wir auf die Bühne bringen. Und das waren seit Jenůfa über 160 Neuproduktionen, die genügend Stoff für diese Kolumnen geliefert haben.

Ich verstand «Wie machen Sie das?» immer aus einer Sicht der Begeisterung, Ver- und Bewunderung über das, was auf unserer Bühne geschieht. Ich habe meinen persönlichen «Wie machen die das?»-Moment jedes Mal, wenn ich unsere Ballettcompagnie auf der Bühne sehe. Was diese jungen Menschen leisten, übersteigt mein Fassungsvermögen: Jede Bewegung in einem Hochleistungssport bis ins letzte Detail unter Kontrolle zu haben und sich Tausende von Bewegungsabfolgen zu merken und abrufen zu können, und dabei noch über Mimik und Ausstrahlung Gefühle vermitteln zu können – das ist unglaublich und für mich nicht erklärbar. Und so liefert diese Kolumne für einmal keine Antwort auf die Frage: «Wie machen Sie das?». Die leicht abgewandelte Frage «Was machen Sie jetzt, Herr Bogatu?» hingegen kann ich gut beantworten: Ich sitze an Plänen von Abschiedsveranstaltungen von Andreas Homoki und gleichzeitig am Zeitplan vom Eröffnungsfest, mit dem die nächste Spielzeit beginnt. Ich werde mich noch länger damit befassen, wie wir das eigentlich machen, und freue mich darauf.

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 123, Mai 2025.
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Everything at Once

Even the best short film series comes to an end one day. Over the last 19 episodes and 6 seasons, we have told you everything you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask. Episode 20 looks back and brings the series to a worthy close.

Quite Simply: Voice Type

What is the deal with all these lyric tenors and dramatic sopranos? The latest film in the series «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask» sheds some light on the subject.

And tomorrow we'll be stars!

In the 18th short film from the series «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask», get to know young talents from the Opera Studio, the Junior Ballet and the Orchestra Academy.

Do it Yourself

We love extravagant costumes on stage, but where do they actually come from? Do we buy them? Or are they all original? The skilful hands of three women clear things up. Episode 17 of our short film series: Do it Yourself!

An invisible species

What happens in the invisible, who makes sure that the cogwheel gear «opera» runs every evening? In our film series «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask», the camera team sneaks behind the stage façade. They have found a very special species. Be prepared for an expedition like no other.

Clear the stage?!

We at Zurich Opera House have eyes and ears for all your requests. So in keeping with our motto «opera for all», we would like to accommodate you, dear visitors. However, there are requests that certainly sound very nice, but - let's be honest - are not feasible. And what these are, you will see this time in: «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask», Episode 15 - Clear the stage?!

The meatloaf

There is basically only one thing you should know. One thing that makes the «Fleischkäs» (meatloaf) a real speciality, almost legendary. And that is: it stands next to the Zurich Opera House! Episode 14: What you always wanted to know about the Fleischkäs but were afraid to ask.

How does opera work again?

Yes, the opera - it still exists! Not been there for a long time and forgotten how it works? Unfortunately, this is the case for many... Luckily, this film summarizes everything you always wanted to know about the Opernhaus, but were afraid to ask. Episode 13: How does opera work again?

The sound makes the music

In our latest episode of the short film series «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask», we dare to ask how, in times of Corona, opera can be performed with a full choir and orchestra while maintaining the necessary hygienic distance at all times, and what sense a highly complex audio and video installation in an opera house makes.

A pit full of musicians

Everyone knows them, everyone laughs at them: The musicians jokes. But is there a glimmer of truth in these «harmless» jokes? Which stereotypes and clichés are really hidden in the orchestra pit? Or is the orchestra pit just «full of fools»? In episode 11 we take a closer look at the orchestra musician.

The Diva Manual

So let's say you like to sing. You've got a great voice, one that belongs on stage. But not just any stage: the opera stage! One thing is clear: the title of «Diva» has to be earned. In Episode 10 of «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask» we present you «The Diva Manual».

Opera Chorus

Three cheers for the collective! Skin to skin. Always in a group. In the choir room, in the dressing room – and of course on stage. In episode 9 of «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask» we accompany members of the Zurich Opera Chorus.

The Share

«Fire, fire! The theater is on fire!» – «And I thought it was just a part of the second act?!»
No one’s injured. Everyone’s relieved – primarily because the theater is on fire. The theater, here, in Zurich, in 1890.
Relieved? Don’t the citizens want a theater anymore? Or do they want a theater – just not this one, and… they set it on fire on purpose?? No, they didn’t. But they did have a much better spark of an idea. In Episode 8 we analyse the myth behind the founding of Opernhaus Zürich AG.

The Women of the Repertoire Costume Shop

They’re everywhere – and nowhere. They’re like foxes with velvet gloves: fast, clever, intuitive, possessing the finest of sensibilities, with a razor-sharp eye for detail. If you want to know who has the best x-ray vision to see through every single costume piece, why alcohol is the solution for nearly every problem, and why these women have the best cloth, then you should watch episode 7 of «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask».

The Life of a Pointe Shoe

«Lots of people find me…beautiful. What can I say they’re right! Would they still think that if they knew that I get ripped up, poked, squeezed, yes, even beaten up?»
True beauty has its price
– and so does the life of a pointe shoe. In episode 6 of «What you always wanted to know about the Opernhaus but were afraid to ask» change perspective and follow the pointe shoe from cradle to grave.

Chairs, Stools, and other Seats

Our red velvet seats in the auditorium, exactly 1066 in total, are probably well-known to you, but there are multitude of other «seats» in the Opernhaus that are in constant use during the day. Our fifth episode is dedicated to these chairs and the people who take a seat on them.

Voice

Is Sweeney Todd a musical? An operetta? Or is it an opera? In our fourth episode of «What you always wanted to know about the Opernhaus, but were afraid to ask» bass baritone Bryn Terfel, mezzo soprano Angelika Kirchschlager and conductor David Charles Abell explain.

Stage Fright

Our third episode examines the famous stage fright. Conductor Speranza Scappucci, tenor Benjamin Bernheim and baritone Huw Montague Rendall talk about a very special moment in the life of an artist: the performance on stage.

Scenery

Have you ever wondered why we drive «advertising billboards» all over Zurich? This film reveals why the red scenery trucks are so important for Zurich Opera House to remain at the head of the Champions League of the major opera houses!

Theater Magic

The Zurich Opera House is a «treasure chest bursting with surprises» that will amaze you – in the first episode of our film series we explore the magical phenomena on and behind the stage.

... but were afraid to ask

With a huge drumroll we launch our new short film series «What you always wanted to know about the Opernhaus, but were afraid to ask». In the course of this and the following seasons, we present exciting, touching and surprising stories from our Opera House cosmos.

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