Update zum Bauvorhaben «Zukunft Oper»

Machbarkeitsstudie, Überbrückungsbau, Stiftungsgründung und Validierung der Dialogergebnisse

Das historische Opernhaus Zürich und der angrenzende Erweiterungsbau müssen in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre saniert werden. Unter dem Titel «Zukunft Oper» wurde dieses Projekt im April 2023 lanciert. Das Bauvorhaben soll die Zukunftsfähigkeit des Opernhauses sicherstellen und darüber hinaus einen Mehrwert für Stadt und Kanton schaffen.

Für die Erstellung von Entscheidungsgrundlagen wurde im vergangenen Jahr 2023 ein breit angelegtes Dialogverfahren durchgeführt und durch das Hochbauamt des Kantons Zürich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das Büro BHSF hat in dieser Studie untersucht, inwieweit der Erweiterungsbau von 1984 («Fleischkäse») bei der baulichen Entwicklung Berücksichtigung finden kann oder rückgebaut werden muss. Die Betrachtung der städtebaulichen und architektonischen Gliederung des Baukörpers stand nicht im Fokus dieser Machbarkeitsstudie. Fragestellungen des Bezuges zum öffentlichen Raum sowie der räumlichen Konzeption wurden nur am Rande tangiert. Die gestalterische und konzeptionelle Klärung dieser Fragen wird im Zentrum eines künftigen Architekturwettbewerbes stehen.

Analyse Erweiterungsbau (»Fleischkäse»)
Der Erweiterungsbau wurde 1984 in Massivbauweise aus Stahlbeton errichtet und zeichnet sich durch eine komplexe Schichtung von Räumen und Wänden aus. Die Wände sind grösstenteils tragend betoniert, sind jedoch häufig nicht über mehrere Geschosse hinweg übereinander positioniert. Weiter weisen die Geschossdecken diverse Höhenunterschiede auf. Die bestehende Struktur bietet kaum Flexibilität, um Nutzungen zusammenzulegen oder Räume zu vergrössern. Die bestehende Geschossfläche liegt deutlich unter dem Raumbedarf von +60%. Während der bauliche Status Quo mittels Instandsetzung erhalten werden könnte, ist dies für den betrieblichen Status Quo nicht möglich. Arbeitsrechtliche und brandschutztechnische Anforderungen bedingen umfangreiche Anpassungen. Bestandgenehmigungen würden aufgelöst und der Betrieb des Opernhauses unmöglich. 

Keine Option: Aufstockung oder Totalabriss mit Neubau

Eine Aufstockung des Erweiterungsbaus um den nötigen zusätzlichen Raumbedarf von 60% auf die bestehende Struktur (Massivbau, tragende Wände, unterschiedliche Geschosshöhen etc.) ermöglicht dort kaum Anpassungen. Die zusätzlich benötigten Flächen müssten vollständig in der Aufstockung untergebracht werden. Der Aufbau würde sehr hoch, die Volumetrie liesse keinen Spielraum für architektonische Gestaltung zu. Dieses Szenario ist keine Option und städtebaulich nicht genehmigungsfähig.

Ein Totalabriss und Neubau ist ebenfalls keine Option, da diese Variante negative Auswirkungen auf die den Altbau tragenden Eichenpfähle haben und das Gebäude abkippen lassen könnte. Die Bauzeit würde erheblich verlängert werden müssen, wodurch Mehrkosten im Bau und der Anmietung von Ersatzspielstätten verursacht würden. Weiterhin sind die Treibhausgasemissionen eines Neubaus sehr hoch und gefährden die Einhaltung der kantonalen Klimaziele.

Option: Bauen im Bestand

Minimalerhalt Wanne und Schlitzwand
Die Schlitzwand, die Pfähle und die so genannte «Wanne», der Baugrubenabschluss in der der Erweiterungsbau vom Zürichsee geschützt liegt, bilanzieren über 60 % der Treibhausgasemissionen des Rohbaus vom bestehenden Erweiterungsbau. Deren Erhalt fällt somit in der ökologischen Bilanzierung stark ins Gewicht. Sämtliche Bausubstanz, die nicht neu erstellt werden muss, reduziert die Emissionen der Baumassnahmen. In diesem Szenario kann die Rohbaustruktur innerhalb der Wanne komplett abgebrochen und neu erstellt werden, wodurch eine neue optimale Raumgestaltung möglich wird. Diese Option vermeidet Risiken für den Altbau und produziert geringere Kosten. Ausserdem ist mit einer kürzeren Bauzeit zu rechnen.

Teil-Erhalt der Struktur innerhalb der Wanne
Die innenliegende Rohbaustruktur fällt in der Treibhausgas-Bilanz weniger stark ins Gewicht. Zudem braucht es erhebliche Eingriffe und Abbrüche, um die durch viele Höhenunterschiede geprägten Geschossebenen in eine neue Nutzung zu überführen. Gebäudeteile innerhalb der Wanne können dort erhalten werden, wo sich diese ohne erheblichen Mehraufwand in die neue Gebäudestruktur und Nutzung integrieren lassen.

Empfehlung des Architekturbüros BHSF
Laut BHSF bestätigt sich die These, dass ein teilweiser Erhalt des Bestandes – auch von zusätzlicher Bausubstanz über die Wanne und Schlitzwand hinaus – mit dem künftig angestrebten Nutzungsszenario realisierbar ist. Das notwendige Raumprogramm «Zukunft Oper» (Stand Juni 2023) reizt das zulässige Mantelvolumen jedoch weitgehend aus und lässt wenig Spielraum für städtebauliche und architektonische Gliederung und Modellierung des Gebäudevolumens. Entsprechend werden eine weitere Optimierung des Raumbedarfs und kreative Konzepte für die Nutzung von Synergien empfohlen.

Resultat der Machbarkeitsstudie
Neben dem ökologischen Aspekt sprechen auch die Minimierung von Risiken sowie finanzielle und terminliche Gründe für einen Erhalt der Wanne. Dieser wird somit im Wettbewerbsprogramm als Vorgabe festgeschrieben.

Architekturbüros, die sich am Wettbewerb beteiligen, werden eingeladen, neben dem Erhalt der Wanne bei gleichzeitiger Erfüllung des Raumprogramms möglichst viel Bestand zu übernehmen.

Aufgrund der Entscheidung für die Beibehaltung der «Wanne» können keine zusätzlichen Untergeschosse gebaut werden und das Gebäude wird über Terrain höher. Um dennoch architektonischen Spielraum zu gewinnen und Kosten sowie Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren, wird eine erneute Verzichtsplanung und Reduktion des Raumprogramms im Dialog mit den Mitarbeitenden des Opernhauses durchgeführt.

Weitere Entwicklungen im Rahmen des Bauvorhabens «Zukunft Oper»

Überbrückungsbau
Zwischen Juli und November 2024 wird auf dem Dach des Erweiterungsbaus («Fleischkäse») ein temporärer Überbrückungsbau entstehen, der helfen soll die akute Situation bis zu einer nachhaltigen baulichen Entwicklung des Gebäudes abzuschwächen. Dafür wurde dem Opernhaus im Dezember 2023 die Baubewilligung erteilt. Sollten keine Rekurse eingehen, wäre es möglich, die Situation der Mitarbeitenden zeitnah zu verbessern und für eine erste Entlastung zu sorgen. Der Entwurf des Architekturbüros EM2N sieht eine temporäre eingeschossige, pavillonartige Holzkonstruktion mit 330 m2 Nutzfläche vor. Es wird Wert gelegt auf Flexibilität, Funktionalität und Wiederverwendbarkeit an anderer Stelle. Der Dachaufbau fügt sich gut in das Gesamtbild an der Ecke Utoquai/Falkenstrasse ein. Es ist mit Gesamtkosten von 4.57 Mio. Franken zu rechnen, davon übernimmt der Kanton maximal 3.7 Mio. Franken.

Stiftungsgründung
Im Dezember 2023 wurde die Stiftung «Zukunft Opernhaus Zürich» gegründet. Zweck der Stiftung ist es, zur Sicherung einer erfolgreichen Zukunft des Zürcher Opernhauses und zur nachhaltigen, allgemeinen Attraktivität am Opernstandort beizutragen. Sie soll eine bedeutende finanzielle Zuwendung zur baulichen Entwicklung und Erweiterung des Opernhauses Zürich und der zugehörigen Immobilien erbringen. Mitglieder des Stiftungsrates sind Peter Wuffli (Präsident), der designierte Intendant Matthias Schulz, der Kaufmännische Direktor Marc Meyer, Christian Berner als Delegierter des Verwaltungsrates. Die Geschäftsführung übernimmt Sabine Turner.

Validierung der Ergebnisse: Dialog Zukunft Oper
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der baulichen Weiterentwicklung am Sechseläutenplatz war ein breit angelegtes Dialogverfahren, das im vergangenen Jahr 2023 vom Büro ampio Partizipation GmbH durchgeführt wurde. Verschiedenste Dialogformate mit Publikum, interessierte Bevölkerung, Politik & Verwaltung von Stadt und Kanton, der Kulturszene Zürichs und Mitarbeitenden hatten 780 Teilnehmende.

Der Dialog sollte Aufschluss darüber geben, welchen Beitrag das Opernhaus der Zukunft leisten kann und was eine bauliche Entwicklung für den Stadtraum «Sechseläutenplatz», den Standort am See und für den Tourismus bedeutet. Die vielen Anregungen, Vorschläge und Wünsche wurden von den Planungsverantwortlichen geprüft.

In das Programm des geplanten Architekturwettbewerbs sollen folgende Anforderungen einfliessen:

  • eine Laborbühne für zeitgenössisches Musik- und Tanztheater und für Kooperationen mit Kulturinstitutionen der Stadt
  • öffentliche Kulturpiazza/Public space (Arbeitstitel) wird ein Kulturtreffpunkt
  • mehr Raum für Education-Formate
  • Einblicke, Begegnungen mit Kunst und Künstler:innen
  • Geändertes Gastrokonzept: gemeinsame öffentliche Kantine für Künstler:innen und Gäste
  • Öffentliche Terrasse bzw. Dachgarten
  • nachhaltig Bauen
  • Bau soll Sechseläutenplatz aufwerten und einbeziehen
  • bezüglich einer gewünschten Seeanbindung des Opernhauses wurde der Dialog zwischen Stadt und Kanton angestossen

Die Ausschreibung des internationalen Architekturwettbewerbs erfolgt im ersten Halbjahr 2025.